Chronik und Übungskalender

Chronik und Übungskalender der LLFmKp AMF(L)9
im Rahmen der AMF 1960 bis 1980

1960

SACEUR, General Norstad, beschließt als Teil des NATO-Krisenmanagements und im Zuge der Strategie „Flexible Response“ die Aufstellung von hochmobilen multinationalen Land- und Luftstreitkräften zum Einsatz als „Immediate Reaction Force“ an den bedrohten Flanken der NATO in Nord- und Südeuropa. Diese Maßnahme hat vor allem eine sicherheitspolitische Funktion und soll die Verteidigungsbereitschaft und Solidarität des Bündnisses glaubwürdig demonstrieren.
Die Landkomponente „ACE Mobile Force (Land)“ – kurz AMF(L) hat Brigadestärke und wird zunächst aus Truppenteilen in Btl-Stärke von Belgien (BE), Deutschland (GE), Vereinigtes Königreich von Großbritannien (UK) und Vereinigte Staaten von Amerika (US) gebildet. Bis 1999 beteiligen sich weitere 13 Nationen.

Als bedrohte Nato-Staaten und damit potentielle Einsatzräume gelten:

  • Nord-Norwegen
    Raum Finnmark nordostwärfs Tromsö
  • Dänemark
    Insel Seetand
  • Nordost-Italien
    Raum Friaul, Tagliamento-Fluß
  • Nordost-Griechenland
    Raum nördlich Thessaloniki
  • West-Türkei
    Thrakien, Raum Edirne – Corlu – Kesan
  • Südost-Türkei
    Raum Adana-Diyarbaktr-Syrische Grenze
  • Ost-Türkei
    Ostanatolien Raum ostwärts Enurum

 

1961

Der Stab HQ AMF(L) liegt in den Hammonds Barracks, Mannheim – Seckenheim, ab 1980 in den Campbell Barracks, Heidelberg. Dem ersten deutschen FmStOffz obliegen Aufbau und Herstellung der Einsatzbereitschaft der „Signal Section“ (später G 6) im HQ AMF(L). Er koordiniert u.a. mit Kdr LLFmBtl 9 in Esslingen die Bereitstellung einer deutschen Fernmeldekomponente.

1962 FTX „Southern Express“ im Großraum Thessaloniki, Griechenland. Es ist der erste größere Auslandseinsatz für die noch junge Bundeswehr. Mit erstmaliger Beteiligung eines deutschen Verbandes, des FschJgBtl 262 aus Bergzabern wird, auch politisch, Neuland betreten. LLFmBtl 9 erhält den Auftrag, eine nationale Funkverbindung aus dem Übungsraum in den Heimatstandort des FschJgBtl 262 Bergrabern herzustellen und zu halten.
Unter Führung von Lt K. verlegen 1 Funkschreibtrupp 400 W, GRC 26 D, (LKW 5 to MAN mit Shelter und Anhänger mit 11 0 V Stromeneuger), 1 Schlüsseltrupp (LKW 1,5 to Unimog Koffer) und 1 FmInstUffz für vier Wochen nach Griechenland. Der Lufttransport erfolgt mit C-124 (Globemaster) der US Luftwaffe. Für Reichweitenversuche wird auch ein tragbares Funkgerät 15 W, GRC 9, mit Trockenbatterien und Handgenerator GN 58, mitgenommen. Unter Ausnutzung von Frequenzprognosen und der Verwendung von abgestimmten Langdrahtantennen wird Verbindung zum Standort Esslingen in der Betriebsart A I (Tastfunk) hergestellt.

Bis zum späteren Zeitpunkt des Einsatzes von Fm-Teileinheiten des LLFmBtl 9 werden die taktischen FmVerbindungen in den Einsatzräumen von UK (Funk) und US (DrahtRifu) hergestellt und gehalten. Die rückwärtigen Verbindungen werden durch Nato und die jeweilige „Host Nation“ hergestellt. (und oft auch gehalten).

Eine Blutspendeaktion von 120 deutschen Soldaten sowie eine Sammlung zugunsten eines Kinderheims verbessern das ohnehin schon problemlose Verhältnis der griechischen Bevölkerung zu den deutschen Soldaten zusätzlich. Die an der Übung beteiligten deutschen Soldaten erhalten eine Anerkennung des KG II: Korps.

Feb 1964 FTX „Northern Express“ im Großraum Tromsö, Nordnorwegen.
Angehörige der Stabes 1. LLDiv und des LLFmBtl 9 nehmen nur als Beobachter teil, da das Auftreten von deutschen Soldaten im Nordbereich der NATO zu diesem Zeitpunkt noch nicht opportun ist.

Mai 1964 FTX „Marmara Express“ im Großraum Adandlncirlik, Türkei.
Erstmals soll eine deutsche gemischte Fernmeldekompanie einschließlich kleiner Versorgungsteileinheiten zum Einsatz kommen. Die Kompanie verlegt auf den TrÜbPl Speyer, wo sie jedoch den Befehl zur Rückkehr in den Standort erhält. Aus politischen Gründen wird die Übung kurzfristig durch die NATO abgesagt.

Sep 1964 Zur weiteren Ausbildung im NATO Fernmeldewesen und zur Vorbereitung auf künftige NATO-Übungen stellt LLFmBtl 9 einen gemischten Fspr/FschrZug ab zur NATO-weiten Übung „Fallex 64″. Stationärer Einsatz als Ersatz für die wegen der ersten Zypern-Krise herausgezogenen GR FmKräfte im Joint Communication Centre LSE/6 ATAF in Izmir, Türkei. Stärke: 1/2/14/17.
Lufttransport in Noratlas mit Zwischenlandung und Übernachtung in Neapel. Die Landung von 17 deutschen Fallschirmjägern mit Kampfausrüstung (und Waffen!) in einer Militärmaschine auf dem Flugplatz Izmir erzeugt bei türkischen Militär-und Zivilbehörden zunächst eine mittlere Krise. Türkische und deutsche Verteidigungs- und Außenministerien und beteiligte NATO-Dienststellen verbringen einen aufgeregten Nachmittag und Abend, bis alle Missverständnisse geklärt sind. Nach einigen Stunden Wartezeit in der Noratlas, die auf einem abgelegenen Teil des Flugplatzes geparkt und von türkischem Militär bewacht wird, werden zunächst die deutschen Waffen von türkischem
Militär eingesammelt und unter Verschluss genommen. Anschließend wird „freigelassen“.

Nov 1965 FTX „Eastem Express“ im Großraum Diyarbarkir, Südost-Anatolien.
Erstmaliger Einsatz einer deutschen Funkkompanie, (3./LLFmBtl 9) verstärkt durch Fernschreibtrupps von 2./LLFmBtl 9. Auftrag: Herstellen und Halten der taktischen Funk-und Fernschreibverbindung zwischen den Brigadegefechtsständen und vorwärts, sowie Abschluss der rückwärtigen Fernschreibverbindungen zu den NATO-Kommandobehörden. KpChef: OLt Lechner, Gesamtstärke 235 Mann.
Die FsprVerb werden zu diesem Zeitpunkt noch von einer US-Kompanie gestellt, die Draht/RiFu Verbindungen rückwärts durch NATO und Host Nation. Die mitgeführten FuSchrTrp 100 W bedienen die Verbindung zwischen den Brigadegefechtsständen. Sie werden aber auch als nationale Funkverbindung vom Ubungsraum zum Standort Bruchsal betrieben, und dabei als Mittel der Truppenbetreuung genutzt. Da im Übungsraum keine deutschen Radiosender zu hören und keine deutschen Zeitungen zu kaufen sind, werden Zeitungsartikel von Bruchsal aus als Funkschreiben an die übende Truppe gesendet. Auch eine Familiennachricht, nämlich die Geburt eines Stammhalters von KpChef OLt Lechner, findet den Weg durch den Äther (Anlage 6). Der Einsatz von deutschen Soldaten ist aus politischen Gründen zu dieser Zeit noch immer auf Übungen an der Südflanke der NATO beschränkt.

Sep 1966 FTX „Summer Marmara Express“. Zwei aufeinanderfolgende Übungen im Nordosten Griechenlands und im europäischen Teil der Türkei. Einsatz einer deutschen Funkkompanie, 3./LLFmBtl 9, verstärkt durch Fspr/FschrBetr- und Kabel-Kräfte 2./LLFmBtl9 für die BrigGefStde.

Sep 1967 FTX „Sunshine Express“ im Raum nordostwärts Thessaloniki, Griechenland.
Einsatz einer gemischten Fernmeldekompanie mit starker Funkkomponente, Fspr/FschrlKabel-Kräften und erstmals probeweise 6 RiFuTrupps 12/800.
Da Deutschland nur StAN-Funktrupps (-/1/3/4)auf LKW 1.5 t (Unimog Koffer) bereitstellen kann und UK Funktrupps auf Landrover anbietet, was den erforderlichen Lufttransportraum wesentlich verringert, wird nach dieser Übung der Funkauftrag für das Bataillon gestrichen und an UK übertragen.

Der AMF(L)-Auftrag des LLFmBtl9 geht nunmehr fest an die 2. Kompanie. Verstärkung durch VersTle von 1./LLFmBtl9 und FmPersonal von Einheiten des TerrKdo Süd. NATO-Name der Kp: Wire Troop, später GE Wire Coy.

Jun 1969 FTX „Olympic Express“ im Großraum Tessaloniki, Griechenland.
Einsatz der 2./LLFmBtl 9 (verst.).

Okt 1970 FTX „Deep Express“ im europäischen Teil der Türkei.
Einsatz der 2./LLFmBtl 9 (verst.). Verlust eines LKW 1.5 to durch Absturz nach Verlassen des Aufbauplatzes in den Bergen.

Sep 1971 FTX „Hellenic Express“ irn Großraum Thessaloniki.
Einsatz der 2./LLFmBtl 9 (verst.). Erstmaliger erfolgreicher Einsatz der Feldwählvermittlung vermindert Sprachprobleme, die zuweilen bei der manuellen Vermittlung von Ferngesprächen auftraten. Großräumige Operationen und häufige Netzveränderungen mit überschlagenen Einsätzen stellen besonders hohe Anforderungen an die Kompanie. Gut angelegte Truppenbetreuung mit Besuch des Klosters Athos per Hubschrauber und Schlussappell mit Kompaniefest in Stavros unter Beteiligung der Bevölkerung.

Feb 1972 CPX „Dense Trail“, Südost-Türkei.
2./LLFrnBtl 9 (verst.) stellt mit 400 Mann das stärkste Kontingent. Mit einer günstig, aber sehr exponiert platzierten RiFu Relais-Zentrale im Taurus-Gebirge werden „von hinten“ die gesamte kilikische Ebene (zwischen Cap Anamur und Golf von Iskenderum) abgedeckt und der Gefechtsstand in Osmaniye angeschlossen. Nach Übungsende richtet die Kp ein Volleyball\-Turnier aus (Sieger die Türken) und organisiert eine ,After Exercise Party‘ mit Bauchtänzerinnen in einer Artillerie-Kaserne in Adana.

Jun 1973 FTX „Alexander Express“ im Großraum Thessaloniki.
Einsatz der 2./LLFmBtl 9 (verst.). U.a. erfolgreicher 300 km-Schuß einer 12/800 Richtverbindung von Thessaloniki zur Insel Thassos. Die durch besonders aufwendige Tarnung „unsichtbar“ gewordene FmZentrale unter brennender Sonne in einer „Fast-Wüste“ erwirbt besondere Anerkennung durch COMAMF(L) und Alliierte. Deutsche Mungos bergen einen englischen Landrover in schwierigem Gelände und ernten ebenfalls Beifall.

Nov 1973 FTX „Absalom Express“ auf der Insel Seeland, Danemark.
Einsatz der 2./LLFmBtl9. Die erstmalige Teilnahme deutscher Soldaten an einer Ubung in Nordeuropa führt zu einzelnen Protesten seitens der dänischen Bevölkerung. Eines der Opfer ist der deutsche Truppenarzt, der in Kopenhagen mit faulen Eiern beworfen wird. Ausgleich durch Besuch der dänischen Königin Margarethe bei der Kompanie, einschließlich Eintrag in das eigens dafür angelegte Gästebuch.

Sep 1975 FTX „Deep Express“, Turkei
Einsatz der 2./LLFmBtl9.

Apr 1977 CPX. „Allegro Express“, Sardinien
Einsatz der 2./LLFmBtl9. Der Marsch in den Übungsraum erfolgt im Lufttransport, der Rückmarsch im kombinierten See-/Bahntransport über Marseille. Bei Ankunft des Schiffes im Hafen von Marseille streiken die Hafenarbeiter. Nur die „hochprozentige“ Überredungskunst des GAMF(L)Offz, verhilft der Kp dazu, zeitgerecbt entladen zu werden. Leider „vergisst“ die Kp bei einem Zwischenaufenthalt in der Nähe der deutschen
Grenze, den GAMF(L)Offz wieder mitzunehmen. Eine eigens für ihn eingesetzte französische Lokomotive bringt ihn aber schließlich noch zeitgerecht nach
Saarbrücken.

Sep 1977 FTX „Arrow-Express“, Dänemark
Einsatz der 2./LLFmtl9. Das Hauptkontingent der Kompanie verlegt in weniger als 48 Stunden im Bahntransport von Bruchsal nach Ringstedt in Dänemark und nach Ubungsende zurück. Transportumfang: 2 Züge mit je ca. 400 m Länge.

Feb 1978 FTX „Arctic Express“, Nord-Norwegen.
Nomen est omen. Die Soldaten der Kompanie werden erstmals Temperaturen zwischen 30° und 40° unter dem Gefrierpunkt ausgesetzt. Die Zusatzbekleidung/Ausrüstung (teilweise kanadischer Herkunft) bewährt sich im Wesentlichen. Noch innerhalb der Übungsphase erfolgt „fliegender Kompaniechefwechsel“. Die notwendigen Formalien werden im Standort nachvollzogen. König Harald von Norwegen stattet der Kompanie einen offiziellen Besuch ab.

Mar 1979 CPX „Gebirqe Ramble“, Raum Eifel, Deutschland.
Einsatz der 2./LLFmBtl 9. Beim Marsch in die Staging Area am Rosenmontag, irgendwo in der Eifel, gerät die Marschkolonne unerwartet mitten in einen Karnevalszug und wird von den Narren spontan eingegliedert. Das schwierige Gelände verlangt der Kompanie ein Höchstmaß an Konzentration, Können und Improvisationsfähigkeit ab.

Mai 1979 CPX „Agate Exchange“, Dänemark
Einsatz der 2./LLFmBtl 9.. Aufgrund der veralteten Ausstattung, speziell im FsprBetrieb, (alte Stabswählvermittlungen) zeichnen sich erhebliche technische und betriebliche Probleme ab, die auch durch Improvisation nicht vollständig zu lösen sind. Aus Haushaltsgründen ist jedoch eine Änderung der Geräteausstattung zu diesem Zeitpunkt noch nicht durchsetzbar. Die Forderungen eines durch die Kompanie erarbeiteten STAN-Entwurfs werden aber später, zumindest zu Teilen, umgesetzt und genehmigt.

Mar 1980 FTX „Anorak Express“, Norwegen
Erster Einsatz als LLFmKp AMF(L) 9.

Sep 1980 FTX „Anvil Express“, Türkei
Einsatz der Kompanie.

HQ

Heidelberg
1960 - 2002